Die malerischen Schweizer Alpenseen bergen ein gefährliches Geheimnis: Tausende Tonnen Munition. Jahrzehntelang hat das Schweizer Militär sie als praktische Müllkippe genutzt, um veraltete und überschüssige Munition loszuwerden. Nun steht das Land vor der gewaltigen Aufgabe, sie sicher zu entsorgen.
Um dieses Problem zu lösen, hat das Bundesministerium für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport einen Wettbewerb ausgeschrieben, bei dem nützliche Ideen zur Lösung des Problems mit einem Preisgeld von 50,000 Franken ausgezeichnet werden. Wer eine mögliche Lösung einreichen möchte, hat bis Februar 2025 Zeit. Die Gewinner werden einige Monate später, im April, bekannt gegeben.
Gefährliche Gewässer
Mehrere Schweizer Seen sind von der langjährigen Praxis des Versenkens von Munition in der Natur betroffen. Der Vierwaldstättersee soll rund 3,300 Tonnen Munition enthalten, der Neuenburgersee rund 4,500 Tonnen. Weitere betroffene Gewässer sind Thun und Brienz.
Die Munition wurde zwischen 1918 und 1967 versenkt und besteht aus verschiedenen Typen, darunter Problemmunition, überschüssige Lagerbestände und sogar verschrottete Produktionschargen. Ein Teil davon liegt in Tiefen zwischen 150 und 220 Metern, der Rest im Neuenburgersee liegt 6 bis 7 Meter unter der Oberfläche.
Probleme
Die Präsenz dieser Munition birgt erhebliche Risiken. Obwohl sie unter Wasser liegt, besteht immer noch Explosionsgefahr, da viele von ihnen mit intaktem Sprengstoff entsorgt wurden. Es gibt auch Bedenken hinsichtlich der Verseuchung von Wasser und Boden durch giftige Substanzen, darunter TNT, die in die Umwelt gespült werden.
Die Säuberung bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich. Ihre schlechte Sichtbarkeit, ihre magnetischen Eigenschaften sowie ihre unterschiedlichen Größen und Gewichte haben die Bemühungen erschwert. Auch das Sediment, das sie bedeckt, ist ein Problem. Eine Störung dieses Sediments könnte das empfindliche Ökosystem des Sees schädigen, indem es den bereits niedrigen Sauerstoffgehalt in diesen Tiefen noch weiter senkt.
Aber warum wurden sie so rücksichtslos abserviert?
Das Versenken von Munition in Seen galt einst als sichere Entsorgungsmethode. Dieser Glaube hielt sich jahrzehntelang, und Geologen rieten dem Militär, derartige Maßnahmen bergen kein nennenswertes Risiko. Neuere Neubewertungen haben jedoch die potenziellen Gefahren dieses Ansatzes aufgezeigt.
Die Strategie der bewaffneten Neutralität der Schweiz, zu der auch die Aufrechterhaltung einer großen Miliz gehört, hat zur Anhäufung überschüssiger Munition beigetragen. Die begrenzte Landesfläche und die hohe Bevölkerungsdichte des Landes erschweren die Suche nach geeigneten Lagerstätten, sodass Seen als praktische Müllhalden genutzt werden.
Vorfälle
Zwar gab es bisher keine grösseren Zwischenfälle, die in direktem Zusammenhang mit in Seen versenkter Munition standen, doch in der Schweiz kam es zu solchen Vorfällen mit Sprengstoff. 1947 tötete eine gewaltige Explosion in einem unterirdischen Munitionsdepot im Dorf Mitolz neun Menschen und zerstörte das Dorf.
Die Bevölkerung stand kurz vor einer möglichen Evakuierung, deren Beseitigung Jahrzehnte dauern könnte.
Dies sowie die Entdeckung noch immer nicht explodierter Waffen in schmelzenden Gletschern haben das Bewusstsein für diese Art von Risiko geschärft, und diese wachsende Besorgnis hat die Regierung dazu veranlasst, Maßnahmen zu ergreifen.
Zeit für Innovationen
Der Schweizer Bund ist sich bewusst, dass frühere Bewertungen von Sanierungstechniken erhebliche Risiken für aquatische Ökosysteme aufgezeigt haben. Aus diesem Grund sollen mit diesem Wettbewerb neue, innovative Ansätze für die sichere und schadensfreie Beseitigung von Munition gefunden werden.
Zwar werden erfolgreiche Ideen nicht sofort umgesetzt, sie können jedoch als Grundlage für weitere Forschung und Entwicklung dienen. Die Schweiz sucht zudem Kontakt zu Ländern wie dem Vereinigten Königreich, Norwegen und Dänemark, die bereits Erfahrungen mit Unterwassermunition aus dem Zweiten Weltkrieg haben, um sich beraten und ihr Fachwissen einholen zu können.
Illustratives Foto von Louis: https://www.pexels.com/photo/white-and-red-flag-on-boat-2068480/